Gedanken zum Cholefestival

Gedanken zum Cholefestival, verfasst von Andreas Rähmi aus Beatenberg.
Wir danken herzlich für den Text.

Chole-Festival 21./22. August 2021 in Beatenberg

Heute, 22.08., Sonntagnachmittag, die Organisatoren waren bereits beim Abbau der Stände und Zelte, spielte eine grössere Kinderschar auf dem Hüpfkissen neben dem Festival-Gelände. Ein schon einige Zeit andauerndes spontan organisiertes Spiel war im Gang. Die Kinder, grössere und jüngere, standen auf dem Kissen in einem weiten Kreis. Alle zusammen zählten auf Drei. Dann sprangen alle ziemlich gleichzeitig hoch und landeten ebenso ziemlich gleichzeitig wieder auf dem Kissen. Das bewirkte einen gemeinsam erzeugten Pusch in der Mitte des Kreises. Das Kind, das dort Platz nehmen durfte, «spickte» es in ziemliche Höhe und es freute sich offensichtlich, ich konnte es hören. Nein, nicht dieses eine Kind hörte ich, die ganze Kinderschar jauchzte vor Vergnügen über die Freude des Einen in der Mitte. – Was hat das mit dem Chole-Festival zu tun? Ausser, dass dieses Kinder-Spass am Chole-Festival stattfand, nicht viel. Aber, dieser Kinderplausch, an welchen wahrscheinlich auch Kinder von Beatenberger Gästen teilnahmen, dünkt mich ein Bild von der Stimmung, die ich seit gestern und heute empfand: Gemeinsame Wertvermehrung durch gemeinsames Engagement für die Gemeinschaft. Bezeichnend war es, dass am Samstag viele am Inferno waren. Viele Beatenbergerinnen und Beatenberger hingegen waren am Festival dabei, das fägte!

Während einige der Gäste den künstlerischen Darbietungen beiwohnten, andere die feinen Cholenarien schmeckten und danach den Espresso vom Pyrolyseofen genossen, waren die dritten in eifrige Gespräche vertieft über die cholerne Vergangenheit und Zukunft von Beatenberg. Das Festival eben hier in Beatenberg, hat dieses Motiv. Selber konnte ich an einigen Gesprächen dabei sein und merken, da sind Leute die mehr als Begeisterung haben für ein uraltes neu entdecktes natürliches Wundermittel. Da sprechen Leute, die dem Klimawandel etwas Klimawandelndes entgegenzusetzen haben! Die Anwendbarkeit von Chole, im Besonderen pyrolytisch erzeugte Pflanzenkohle (sauerstoffarm verkohltes Holz), ist nicht bloss auf die Erzeugung von Licht und Wärme beschränkt, wie das zu Zeiten des Kohleabbaus aus Beatenbergs Hängen war und heute fürs Grillieren ist. Pflanzenkohle ist in der landwirtschaftlichen Tierhaltung, im Feld- und Gemüsebau und nicht zuletzt auch im privaten Garten einsetzbar. Im Stall sammelt sie aus den Fäkalien die für den Boden wertvollen Elemente, nebenbei bindet sie üble Gerüche, und als Beigabe zum Futter stützt sie die Gesundheit der Tiere. In den Boden gebracht, gibt sie dosiert die aufgenommenen Elemente ab, hält die Böden feucht und fördert das mikrobiotische Bodenklima, was sich auf Qualität und Ertrag der Ernte auswirkt. Im Strassenbau kann pyrolysierter Klärschlamm eingesetzt werden, weil die Giftstoffe verbrannt und die Schwermetalle gebunden sind, dem Substrat jedoch eine Viskosität gibt. Schon die Pyrolyse gibt verwendbare Wärme ab und das Endprodukt, die Kohle, hat, wie gesagt, viele Anwendungsmöglichkeiten, wo sie Rigoroses ermöglicht. Über die verstärkte Belebung von Kompost, Stärkung der Gesundheit von Mensch und Tier, Erweiterung von Kosmetika hinaus, bindet pyrolytische Kohle CO2 in klimaregenerativem Massstab. Für Genaueres konsultiere man Einschlägiges. Regenerativ ist denn auch das neue Wort für das vorletzte: Recycling, das den Abwärtstrend abflacht sowie das letzte: Upcycling, altes zu neuem umwerten, was den Abwärtstrend verlangsamt. Und so heisse denn Bio-Landwirtschaft, die Pflanzenkohle in entsprechender Menge und Anwendung integriert, neu eben Regenerative Landwirtschaft. Regenerative Landwirtschaft stösst die Humusbildung verstärkt an. Dabei können Tiefpflüge umgangen werden, was bedeutet, dass die Landmaschinen an Gewicht abnehmen können, was der Bodenverdichtung entgegenwirkt, weniger an Kraft brauchen, was den Dieselverbrauch drosselt usw. So könnte Bio-Landwirtschaft bald einmal zertifiziert werden nach Bodenvitalität und Humuszunahme, was wohl auch auf die Biodiversität regenerativ wirken könnte.

Warum diese Idee nicht schon lange in aller Länder Munde ist? Ja, das hängt mit der Einfachheit des Stoffes zusammen, der auch dezentral hergestellt werden kann. Hochrechnungen lassen den Schluss zu, dass eine bestimmte Anzahl Pyrolyse-Anlagen weltweit verteilt, den Klimawandel innert nützlicher Frist verändern kann. Ob es ein Geschäft für Multis, also auch für Banken würde? Es will mir den Schnauf nehmen, wenn ich mir all diese Gegenwinde vorstelle. Doch, mir kommt eben das Spiel der Kinder auf dem Hüpfkissen in den Sinn: Es brauchte dazu nur die, die anfangen – aber die brauchts!

Wie war das vor 20 Jahren mit dem Bio? Heute können die Grossverteiler damit werben … . Klar, auch das bringt Schwierigkeiten mit sich, wie alles, was eine gewisse Grösse übersteigt. Hörte man am Samstag  21.08. jenen Jungbauer sprechen, der in seinem Hof eine Pyrolyse betreibt, mit der Wärme den Hof und mehrere Wohnhäuser beheizt und mit der Kohle seine Tiere gesund hält und in seinen Feldern Humus regeneriert und mit dem Ertragswert auch die Investitionen amortisieren kann, oderHäuser heizt und mit der Kohle den Stallmist aufwertet und über diesen den Humis auf seinen Feldern schauen wir nach Noflen in Thuns Umgebung, wo ein Bio-Gemüsebauer regenerativ Gemüse anbaut und es auch in der Stadt verkauft. Es gibt sie schon, die „Kinder auf dem Hüpfkissen“. Und jeder ist eingeladen mitzumachen. Auch Gemeinden können z.B. eine pyrolytische Zentralheizung bauen und betreiben. Ein Berater dieser Klientel war am Samstag in der «Fishbowl» (Zimmeraquarium), wie die Veranstalter und Mario Grossniklaus, der einige Cholevative moderierte, dieses Setting nennt. Auch mit diesem Berater habe ich heute Sonntag sprechen können. Es war ein Gespräch, das mich einbezog, kein Monolog. Ebenso der andere aus dem „Aquarium“, der einen Pyrolyten dabei hatte: ein kleiner Speiseträger, den er mit Vegetabilen aus der Speisezubereitung füllte, zudeckelte, sauerstoffverarmt, in den Ofen neben das Feuer stellte und so seinen Kohlenbedarf für Haushalt, Garten usw. herstellt. Oder jener, der Neophyten mäht, vor Ort häuft, mit EM (Effektive Mikroorganismen) besprüht, dann mit Kohle bestreut und luftdicht abdeckt. Nach verhältnismässig wenigen Tagen findet er unter der Decke einen wohlriechenden Kompost in welchem durch die entstandene Hitze alle Samen keimtot wurden und den er an Ort und Stelle wieder einarbeitet. Regenerative Neophytenbekämpfung: Anstelle die „Fremdlinge“ klimabelastend in die Kehrichtverbrennung zu fahren, werden die Pflanzen als C02 -„Bindlinge“ dem Boden wieder zugeführt. Man sprach an den Info-Ständen auch über Terra preta, Bokashi und ähnliche Themen.

Dass das Festival-OK sich nicht nur «Die Kohle», sondern geradezu «Den Bewusstseinswandel» auf die Fahne schrieb, zeigte sich u.a. daran, dass sie für diesen Anlass eine eigene Währung einführte, die «C» (Chole). Klar, mit «C» kann man heute keine Steuern zahlen. Jedoch die Idee, z.B. einer «Lokalwährung Berner Oberland», die «Ermöglicher» ist und bleibt, anstossen. Statuten einer solche Währung können Innovationen wie z.B. jene des erwähnten Bauern begünstigen und Spekulationen mit «C» verhindern. Diese Idee könnte durch die Kreation «C» in Beatenberg bewegt werden. Warum sollte Beatenberg nicht auch dafür einen Hot-Spot-Platz geben, vorerst mal für die Idee? Den Zudienenden dieses Festivals sage ich danke, es war wunderschön! Dem OK-Chole-Festival winde ich für den Strauss von Zukunftsimpulsen ein biodiverses, regeneratives Kränzchen!

Bedenkt man, dass dieser Anlass jener war, der der Vergangenheit der Beatenberger Kohle gewidmet war, so kann man sich freuen auf die folgenden Anlässe: der nächste sei gewidmet der aktuellen Anwendung der Pyrolyse und der dritte der Verbreitung dieser klimaregenerativen Technologie usw. Mir scheint, Beatenberg möchte zum Hot Spot werden für dieses neu entfachte Feuer. Ich freue mich auf die Kinder. Gestern zeigten sie spontan, was die Erwachsenen taten – wissen die, dass wir (Erwachsenen) die Welt von ihnen leihen?

Mögen wir hüpfen. Einmal wird Beatenberg in der Mitte des Kreises sein und jauchzen, wie jenes Kind … . Hüpft, hüpft, pft, t, … .

P.S. Das Logo von c-werk fasst die Pyrolyse zusammen: Das C02 herausholen und einbringen, das heisst C02-neutral.

Carbon-Queen

Medienmitteilung 6. August 2021: «Theater-Flashmob und die Demonstration bildete den Schlusspunkt der Aktionswoche Rise Up for Change 2021. Dutzende Klimaaktivist*innen waren während einer Woche auf der Stadionbrache in Zürich, wo ein Ort des Austausches, der Zusammenkunft und der Diskussion entstand.»

Lorenz de Vallier, der an unserem Chole-Festival die Kochöfen betreiben wird, ist der Betreuer der Stadionbrache. Gestern war ich dort, um einen kleinen Demonstrationsfilm für unsere Köche*innen zu drehen. Lorenz hat mich eingeladen, weil er an diesem Tag den Klimaaktivisten zeigen wollte, wie man mit Pyrolyseöfen klimapositiv kochen kann. Diese Öfen nennen sich „Carbon-Queen“

Die Kohle, die in diesem Kochprozess – sozusagen als Nebenprodukt – übrigblieb, wird Lorenz nach Beatenberg bringen zur weiteren Verwendung als Grillkohle am Festival.

Filmclip

und: am Festival werden auch Pyrolyse-Kochöfen von Stephan Gutzwiller ausgestellt, die erworben werden können.

Eine 1. August-Geschichte

Am 5. Juli erfuhr ich, dass Frau Sommaruga die bundesrätliche 1. Augustwanderung mit der Schweizer Illustrierten zu den Beatushöhlen machen wird. Eine gute Chance, dachte ich mir, unsere Bundesrätin auf die Vision eines „ersten schweizerischen Klimadorfes“ aufmerksam zu machen; ist sie doch unsere Klimaministerin. Ich habe Kontakt aufgenommen mit der Kommunikationschefin von unserer Bundesrätin, Annette Bundi. Sie war interessiert und machte den Vorschlag, dass jemand von der C-Werk-Initiativgruppe in Merlingen zur Wandergruppe stossen und an der Stelle, wo diese den ehemaligen Kohleschleef kreuzen würde, die Geschichte erzählen würde vom Kohlenabbau in Beatenberg und deren Transport nach Bern zur Erleuchtung der Stadt. Allerdings – meinte Frau Bundi – könne sie nichts versprechen, das Programm sei schon sehr dicht.

Nun, es kam dann eine Absage. O.k., sagten wir uns, dann stellen wir wenigstens eine Informationstafel am Wanderweg auf. Roland Noirjean, der begnadete Grafiker, hat gleich ein nettes Plakat gestaltet und Thomas Tschopp das Plakat rechtzeitig aufgehängt. Eigentlich wollten wir zusätzlich als Blickfang noch einen antiken Transportschlitten aufstellen, mit Kohlensäcken beladen. Es gab sogar die Idee, dass Thomas und ich uns als Schlittner verkleiden und der bundesrätlichen Wanderkarawane an der besagten Stelle auflauern würden. Die Zeit war dann allerdings zu knapp, all die Sachen noch aufzutreiben.

Am 26. Juli schrieb ich Christian Mulle «heute ist die Sommaruga-Wanderung. Irgendwie bin ich überzeugt, dass sie beim Queren des Kohlenschleef von Xango (afrikanischer Donnergott) überfallen wird, wie damals Gessler in der Hohlen Gasse von Wilhelm Tell».

Am 30. Juli ging ich am Morgen zum Kiosk, um die Schweizer Illustrierte zu kaufen. Auf der Titelseite die Zeile: «1. August, unsere Leserwanderung mit Simonetta Sommaruga». Ich sehe die Bilder: die Hängebrücke von Sigriswil, Bauernbrunch, Beatushöhle. Aber nichts von der Tafel. Vielleicht im Text? So las ich: «… Der einheimische Jürg Zwalen, der gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen des Vereins Berner Wanderwege unsere Gruppe auf der vierstündigen Wanderung sicher ans Ziel bringen soll, schaut besorgt auf dem Smartphone den Wetterradar an: die letzten zehn Minuten hinauf zu den Beatushöhlen könnte es uns noch verhageln … die Bundesrätin geht auf Nummer sicher und steigt wie 40 weitere Wanderer in Merlingen in einen bereitstehenden Bus, der direkt zu den Beatushöhlen führt.

Man stelle sich vor, Thomas und ich hätten dort gestanden und gewartet, und niemand kommt des Weges. Vom Hagel verprügelt und puddelnass hätten wir schlussendlich unverrichteter Dinge abziehen müssen. Und man stelle sich vor, Gessler hätte damals auch den Bus genommen, wie wäre es wohl mit der Schweiz weitergegangen? Würde es den 1. August als Nationalfeiertag geben?

Was feiern wir eigentlich genau an diesem Tag, mit Reden, Höhenfeuern und Feuerwerk? Nun, letzteres ist schnell beantwortet, Feuerwerke bringen die Leute zum Staunen und sind weiterherum sicht- und hörbar. Doch sie gehören eigentlich nicht zur schweizerischen Tradition. Das Schwarzpulver, das die Feuerwerkskörper zum Sprühen bringt, wurde in China vor 1400 Jahren erfunden und wird aus Kohle hergestellt. Beatenberg hat zwar einst Kohle abgebaut, aber damals wurde damit die Stadt Bern erleuchtet, keine Feuerwerke hergestellt. Ein ältestes Dokument, das diesen Kohlenabbau dokumentiert, wird auf den 5. Januar 1771 datiert, deshalb kann Beatenberg dieses Jahr ein 250-jähriges Jubiläum feiern, so wie die übrige Schweiz am heutigen Tag ihr 730-jähriges Bestehen feiert. Gleich wie bei unserem Dorf bezieht sich auch das Datum des schweizerischen Nationalfeiertages auf ein Dokument: der Bundesbrief wird auf den 1. August datiert.

Zum Gründungsmythos unserer Schweiz gehören aber auch Personen, allen voran Wilhelm Tell und der Bruder Klaus. Letzterer war ein heiliger Eremit – gleich wie unser tapferer Beatus – den man für guten Rat aufsuchte. 1481 kam es auf der Tagsatzung in Stans zu einem schweren Konflikt zwischen Stadt- und Landorten und es drohte der Zerfall der Eidgenossenschaft. In der Nacht auf den 22. Dezember begab sich der Pfarrer von Stans zu Niklaus von Flüe und kam mit einem bis heute unbekannten Rat zurück. Der Pfarrer veranlasste die Ratsherren, nochmals zusammenzutreten, und richtete ihnen die geheime Botschaft des Einsiedlers aus. Daraufhin kamen die Ratsherren nach nur zwei Stunden zu einer Lösung.

Während Bruder Klaus wirklich lebte, ist Wilhelm Tell eine literarische Erfindung eines deutschen Schriftstellers – Schiller. Trotzdem erhielt diese Fiktion ein Denkmal in Altdorf, und schmückt den Schweizer-Fünfliber. Persönlichkeiten auf geprägten Geldstücken sind gute Werbeträger für ein Land. Auf unserem Zweifrankenstück ist eine Frau abgebildet – sie heisst Helvetia. Obwohl es nichts Schriftliches über diese Persönlichkeit gibt, hat sie den Namen gegeben für unsere Conföderatio Helvetica, und damit schlussendlich auch für .ch, die Domainendung für die Schweiz. Der Name Helvetia leitet sich vom Volk der Helvetier ab, die vor 3000 Tausend Jahren in der Schweiz siedelten; sie ist also sozusagen eine keltische Göttin und eine Art Landesmutter. Nur ist von ihr – trotz der Prägung auf dem Geldstück – nichts mehr erinnert; in keinem Geschichtsunterricht taucht sie auf. Ein klassisches Frauenschicksal.

Bei den Kelten hatten die Frauen einen grossen Stellenwert. Die Helvetia auf dem Geldstück ist mit Speer und Schild ausgerüstet. Aber eigentlich müsste man sie mit einem Kupferkessel abbilden, denn der Kupferkessel war das grosse heilige Gefäss der Kelten, das im Zuge der Christianisierung in Form des heiligen Grals und des Messekelches in Männerhände überging. Der ursprüngliche Kupferkessel hat sich aber bis heute behauptet, bei Astrix, und wie wir alle wissen, auf unseren Alpen. Seit Jahrhunderten wird in ihm über dem offenen Feuer aus Milch Käse hergestellt, eines der weltweit geschätzten Markenzeichen unseres Landes. Es waren auch jene Bergler, welche die Tradition des Höhenfeuers pflegten. Man sagt, diese Höhenfeuer hätten – wie das Alphorn und der Juchz auch – zur Kommunikation zwischen den einzelnen Alpen gedient und sie hätten eine mahnende oder warnende Funktion gehabt und an die brennenden Burgen nach der Befreiung aus der Knechtschaft erinnert. Die 1. Augustfeuer sind Erinnerungsfeuer.

Das Feuer war bei den Bewohnern Helvetiens ein wichtiger Bestandteil ihrer Rituale. Der Keltische Ritualkalender kennt 8 Feiertage. Vier davon fanden an den zwei Sonnenwendetagen und den zwei Tag- und Nachtgleichen statt. Die anderen vier jeweils 40 Tage danach. Drei von diesen Tagen werden in der der Schweiz gefeiert: der 1. November als Halloween, der 1. Mai als Tag der Arbeit, und der 1 August als Nationalfeiertag.

Am heutigen Tag werden sich wohl viele Reden rund die vergangene Corona Zeit drehen und zum Zusammenhalt nach einer Zeit der Quarantänen aufrufen.  Welche Redner oder welche Rednerin wird wohl heute auf den Zusammenhang zwischen das Wort Quarantäne und 1. August hinweisen und zu sprechen kommen? Der Begriff Quarantäne geht nämlich zurück auf die Zeit der Pest im 14. Jahrhundert. Diese stammte aus dem Mongolenreich und erreichte von dort über das Mittelmeer über den Seehandel Europa. Um die Pest einzudämmen, beschloss Venedig, ankommende Schiffe 40 Tage lang zu isolieren; die Schiffe lagen im Hafen, die Besatzung durfte aber nicht an Land. Von dieser Zahl 40 – italienisch «quaranta» – leitete sich die Quarantäne ab.

Wieweit diese Quarantäne aus dem Mittelalter etwas zu tun hat mit der 40-Tage-Frist jener keltischen Feiertage, wie es unser 1. August einer ist, wissen wir nicht. Aber wir sind froh, wieder Feste feiern zu können wie unseres 250-jährigen Erinnerungsfeier Ende August, wo wir bei Speis, Trank und Musik, und Geschichten hören und erzählen.

Licht ins Dunkel

„Wenn wir nachts durch die hellerleuchteten Gassen und Lauben gehen, können wir uns kaum vorstellen, wie finster die Stadt früher einmal war. Höchstens das Finstergässchen erinnert ein wenig an die alten Zeiten, als der Berner Rat sich häufig mit den Folgen der nächtlichen Dunkelheit befassen musste. Leute stolperten und stürzten, es gab zahlreiche Arm- und Beinbrüche und Raubüberfälle von fremdem Gesindel. Wer nach 9 Uhr abends die Gassen ohne Laterne betrat, erhielt eine Gefängnisstrafe, und noch im 18. Jahrhundert mussten sich die vornehmen Damen abends von ihren Dienstmädchen begleiten lassen, die ihnen mit sogenannten Visitenlaternen den Weg durch die dunklen Lauben zündeten“

„Gestern Abend hat man zum ersten Mal versuchsweise das Gas „losgelassen“. Vom Zeitglockenturm bis zur Nydegggasse war alles blendend hell erleuchtet, aber es verbreitete sich überall ein Kadavergestank. Man glaubt in einigen Tagen die ganze Stadt beleuchten zu können“. Nachdem an verschiedenen Stellen undichte Leitungen geflickt worden waren, glückte am 25. April 1843 endlich die Sensation jener Jahre: Bern – als erste Schweizer Stadt war hell erleuchtet“*

Dass es die Kohle, welche die Stadt Bern zum Leuchten brachte,  aus dem Berner Oberland, unter anderem aus Beatenberg stammt, wird in diesen Erzählungen nicht erwähnt. Die Ferrger, welche am Niederhorn in den Stollen schufteten, und die Schlittner, die auf dem „Kohlenschleef“ nach dem Transport der Kohle zum Thunersee die gebuckelten Holzschlitten wieder den Berg hinauf stemmten – keine Beachtung wert. Das Projekt C-Werk will das ändern und jenen Ungewürdigten einen sichtbaren Platz in der Geschichte verschaffen.

Am Pilgerpfad zur Beatushöhle, auf welchem Bundesrätin Sommaruga am 26. Juli mit ihrer Erst-Augustwanderung den alten Kohlenschleef kreuzte, wurde eine Erinnerungstafel angebracht. Sie durfte dort zwar nur kurzfristig hängen, weil es eigentlich der Platz einer anderen Tafel ist, eine Infotafel zum Heartbeattrail, welcher am 29. Juli eingeweiht wird und welcher in seiner Linienführung dem alten Kohlenschleef folgt.

Annekdoten aus jener Zeit werden am Chole-Festival vom 21./22. August in Beatenberg erzählt von Ueli Wenger, Rainer Kündig und Sabina Fischer.

*Aus Berner Gassen: Eduard Rieben, Barbara Traber

Stecknadeln in der Landschaft

Wenn sie in der Landschaft von Beatenberg unterwegs sind, begegnen sie da und dort einer überdimensionalen Stecknadel mit einem gelben Kopf. Wir vom c-werk freuen uns, wenn sie die Nadel stehen lassen, denn sie markiert ein Kapitel aus einem „begehbaren Buch“. Eine Projekt im Rahmen der c-werk-Initiative.
Nun aber der Reihe nach.
Im September 2020 traf ich mich mit Roland Noirjean. In meinem Rucksack hatte ich eine Ideenskizze für einen Themenweg in der Beatenberger Landschaft dabei. Um die Mensch-Natur Beziehung soll es auf diesem Weg gehen, touristisch nutzbar, jedoch mit Bildungsanspruch und das alles eingebettet in eine Vision zum „gelingenden Leben*“. Roland hörte mir interessiert zu. Seine Augen leuchteten und er meinte: das müssen wir sachte angehen, Schritt für Schritt.
So wurden im Rahmen von zwei Workshops die bestehenden Wander-und Bikewege unter die Lupe genommen. Mitgewirkt haben rund 12 Vertreter*innen aus der Gemeinde, dem Tourismus, dem Bauwesen und Spezialist*innen zu Fragen rund um die Wege.
„Das Tourismusangebot mit den Wanderwegen im Beatenberg ist vielfältig und gut unterhalten. Vernetzt denken und die Kooperation unter den Beteiligten fördern ist wichtig.“ Das war eine wichtige Erkenntnis und das Vorhaben wurde unter das Dach des Ortsentwicklungsprozesses „Beatenberg belebt“ gestellt. Eine Arbeitsgruppe „Freizeit- und Tourismusinfrastrukturen“ ist gebildet.
Den Faden, diesen Weg zu realisieren, wollte ich weiterspinnen. So beschloss ich im November 2020 Hans-Peter Hufenus auf den Beatenberg einzuladen. Er forscht schon seit vielen Jahren in den tiefen Schichten der Mensch-Natur Beziehung und ich wusste, dass er ein Buch geschrieben hat, welches im Frühling 21 erscheinen soll. Auf unserem gemeinsamen Spaziergang wurde dann rasch klar, dass die Verbindung zwischen dem Buch und dem Weg durch die Beatenberger Landschaft eine heisse Spur sein könnte.
In der darauf folgenden Besprechung mit Roland Noirjean, Gemeindepräsident von Beatenberg, und Thomas Tschopp, dem Leiter von Beatenberg Tourismus, tauchte dann die Kohle auf …
Das ist eine andere Geschichte 😉
Das Projekt des Themenweges hat sich in die Idee eines „begehbaren Buches“ gewandelt. Das Buch „Urmensch-Feuer-Kochen“ erzählt auf schmackhafte Weise und angereichert mit persönlichen Erlebnissen und Kochrezepten, 17 Etappen der Menschheitsentwicklung. Die Stecknadeln in der Landschaft stehen für einen Lernraum in der Landschaft. 17 Stecknadeln, 17 Lernräume verknüpft mit den 17 Kapiteln des Buches. An den Plätzen, wo jetzt die Stecknadeln stehen, wird auf interaktive Art und Weise Wissen vermittelt und zum Handeln und Entdecken eingeladen.
Bei Fragen und Anregungen melden sie sich bitte unter info@c-werk.ch.

Wir halten sie hier auf dem Laufenden!

Christian Mulle

 

*Der Begriff des gelingenden Lebens stammt aus dem Buch „Resonanz“ von Hartmut Rosa, Suhrkamp, 2019