Zerbrochenes in schwarzer Erde
„Es ist zum Kotzen!“, rief es in mir. Mir wurde tatsächlich schlecht in diesem Moment. Im Grunde gab es doch keinen Grund dafür. Was ist da los? Ist doch alles in bester Ordnung? Ich beschäftigte mich lediglich wieder einmal mit den Herstellungsverfahren von Terra Preta und deren Möglichkeit zur Umsetzung auf meinen landwirtschaftlichen Betrieb. Dabei übt dieses menschengemachte Erdsubstrat doch schon seit seiner neuerlichen Wiederentdeckung Anfang dieses Jahrhunderts so eine besondere Art von Faszination auf mich aus. Ihre Herstellung gilt dank vieler sehr engagierter Wissenschaftler und Privatpersonen als enträtselt, als patentiert und letztendlich ist alles nur mehr eine Frage von innovativer Maschinentechnik, kostenoptimierter Herstellungsprozesse, labortechnischer Zertifizierungskriterien, CO2-Vergütungszahlungen, Lizenzrechten und umsetzbarer Produktionsstrategien. Also alles in bester Ordnung. Doch wieder dieser miese Geschmack im Mund…Da fehlt doch was, was wurde da übersehen?!?
Ich habe daraufhin die Rezepturen mehrerer Erdenhersteller verglichen. Dabei ist mir aufgefallen, dass die meisten keinen gebrannten Ton (bzw. Ziegelsplitt) zugeben. Wieso weicht man da so leichtfertig vom Original „Terra preta de índio“ ab? Zumindest Gerald Dunst (Erdenhersteller; Firma Sonnenerde) schwört auf den Zusatz von eigens dafür gebrannten Ziegelsplitt, da er in seinen Versuchen eine wesentliche Ertragswirkung bestätigt hat, doch den Grund dafür nicht so recht erklären kann.1) Tagelang beschäftigte mich, was mit diesen Tonscherben ist und was da eventuell noch fehlen könnte. Dann ist es mir beim Traktorfahren eingeschossen:
Es ist das Drumherum das da fehlt!
Eine Terra preta de índio ist ja von ihrem Wesen her dann doch noch etwas anderes als eine Terra preta de gringo! Das wäre ungefähr so, wie wenn man Plastikblumen in ein Blumenbeet pflanzen würde. Es ist eben ein Kulturgut aus dem Lebensumfeld einer versunkenen Kultur. Einer uralten Agrikultur, die so ganz anders verlief als die unsrige. Dort im Schutz des undurchdringlichen Waldes gab es archipelartig verstreute Siedlungsinseln bzw. Gartenstädte, deren Bewohner Baumfeldwirtschaft, Jagd und Fischerei betrieben, in stofflichen und sonstigen Kreisläufen wirtschafteten, Ressourcen nutzten und mehrfachnutzten, die Vorort vorhanden waren und schafften somit stabile soziale Verhältnisse über Jahrtausende. Etwas was unserer Gringo-Kultur bis zum heutigen Tage nicht gelungen ist. Aber das ist wieder ein anderes ungelöstes Rätsel… Ein Bild einer Kultur, die in guter Balance und harmonischen Austausch zur Wildnis steht, kommt mir da. Manchmal habe ich sogar die Idee, dass der Amazonas deshalb so reich in seiner Artenvielfalt ist, eben weil dort so viele Menschen lebten. Also Menschen, die innerhalb ihres Lebensraumes die eigentliche menschliche Rolle im Ökosystem Erde eingenommen haben, indem sie jene kreative Zerstörung und Fragmentierung, die durch Nutzung von Feuer und Erde entsteht, mitfühlend einsetzten, Inselnischen im Wald geschaffen haben und dadurch das bestehende lebendige System vervielfältigten und diversifizierten, somit stabile Lebensräume schufen, die sicherlich üppiger, ja auch schöner waren als je zuvor. Die herausragende Bedeutung von Vielfalt wurde unter anderem durch das „Jena Experiment“ belegt. In Grasland-Ökosystemen tritt ab 16 vorkommender Arten ein „Komplementaritätseffekt“ auf, der es stabiler und weitaus produktiver macht. 2) 3)
Franz Schweinberger
Quellen: Map of Terra Preta 1) Die Bio Schwarzerde 2) Experimentelle Bidoverstitätsfo 3) Landwirtschaft begann im Amazonas
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