Zerbrochenes in schwarzer Erde – Teil 2

Doch diese vielen Tonstücke? Neben den Scherben aus tropenklimatauglichen Tonplumpsklos (Basis der Terra preta) sind unübersehbar viele Bruchstücke schöner, liebevoll hergestellter Tongefäße dabei, was man auf etlichen Bildern aus Terra preta-Publikationen unschwer erkennen kann. Warum derartig viel Bruch? Aufgrund des häufigen Regens könnte der Boden Amazoniens durchaus recht klitschig werden. Hmm,… nein, da steckt mehr dahinter…

Jetzt ist es doch so, wenn man als Gast geladen ist und einem die Kaffeetasse in einer ungeschickten Handbewegung entgleitet und zu Bruch geht, man doch in diesem Moment gefühlsmäßig am liebsten im Boden versinken würde. Gefühlter Wertverlust und Geldwertverlust einer Kaffeetasse stimmen da eindeutig nicht überein. Man ordnet den keramischen Dingen offenbar einen sehr hohen oder einen anderen Wert zu, vielleicht weil sie zerbrechlich sind und einen achtsamen, liebevollen Umgang voraussetzen.

Der Grundstoff Ton ist fast überall verfügbar, verhältnismäßig variabel, aber doch überall, wo Erde ist, also direkt unter unseren Füßen. Eine Grubenfeuer für den Brennvorgang zu entfachen wäre zumindest rein theoretisch auch überall möglich. Ein fast unendlich verfügbarer Werkstoff. Eine gute Portion Erfahrung, Können, Liebe und Hingabe gehört sicher auch zur Herstellung von keramischen Gegenständen.

Eine besondere Beziehung zu Herstellung von Keramik dürften Frauen und Kinder haben. So fand man schon auf der ältesten gefundenen Keramikfigurine (Venus von Dolní Věstonice) entsprechende Fingerabdrücke. Es ist eben auch was Wunderschönes während schöpferisch-künstlerischer Tätigkeiten, die Zeit und die Welt vergessend, in dieses Flow-Gefühl zu tauchen. Kinder können das besonders.

Krüge, Töpfe, Teller, Becher kamen erst mit der Sesshaftwerdung des Menschen – wohl auch die Frage: „Und wer wäscht jetzt das Geschirr ab?“

Dieser Werkstoff könnte in meiner Vorstellung eine gesellschaftliche Revolution ausgelöst haben. Aus diesem weichen, knetbaren Ton konnte man nun allerhand Ideen eine physische und sehr dauerhafte Form verleihen, in die man Symbole eingravieren und auch bemalen konnte (mit Tonfarben z.B.) Schließlich wäre die Entstehung von Schrift (Keilschrift-Tontafeln) und die Mathematik (Calculus-Token) ohne „Tonträger“ undenkbar. Natürlich war man nun in der Lage Sachen zu lagern, sortieren und einen zu Platz geben, man konnte Wasser schöpfen, transportieren und aufbewahren, Tee kochen, Essen kochen und warmhalten, Lebensmittel schädlingssicher, trocken und geschützt aufbewahren. Keramische Fliesenböden sind auch leichter zu reinigen. Bienen wurden in Tonröhren gehalten und süßer Honig in Amphoren gelagert. Ja, auch das erste Mal Bier, Wein, Sauerkraut, Essig fermentieren, Fisch und Fleisch einsalzen oder Schnaps und ätherische Öle destillieren, Tinkturen und Cremen zusammenrühren, war möglich. Und später wurden Ziegel für Häuser, Dächer und Wasserrohre hergestellt, in Blumentöpfen Pflanzen mobil gemacht und vorgezogen, uvm.

In der modernen Hydrokultur von Pflanzen kommen unter anderem Tongranulate als strukturgebender Erdersatz, Drainage und Wasser- und Nährstoffspeicher zum Einsatz.

Jetzt mag es ein reiner Zufall sein, dass in der deutschen Sprache das Wort Ton gleichermaßen für die Tonerde und den Klang (lat. tonus) verwendet wird. Doch finden sich häufig Tonflöten unter ältesten keramischen Fundstücken. Mit Vogel- oder Kuckuckspfeifen konnte man Vögel imitieren und anlocken. Tonflaschentrommeln, Brummtöpfe, etc. machten jedes Fest sicher noch etwas freudiger.

Lied einer mallorcinischen Sängerin in Begleitung zu Brummtöpfen

Wo mit Feinstofflichem gearbeitet wird, taucht gebrannter Ton auch immer wieder auf. So auch in der biodynamischen Präparateherstellung (Präparat 504) und -lagerung (damit sich die feinstoffliche Wirkung eines Präparates nicht verstrahlt bzw. verliert). Auch der Entdecker der Effektiven Mikroorganismen, Teuro Higa, schrieb im Buch „Eine Revolution zur Rettung der Erde“: „Ton ist ein Kolloid mit elektrischer Ladung, das bei Verdichtung seiner elektrischen Eigenschaften die Informationen der Mikroorganismen wie eine Schablone duplizieren kann. Die Theorie, dass Leben aus Ton entstanden ist, hat möglicherweise ihren Ursprung darin, dass Ton tatsächlich die Eigenschaft hat, vielfältige elektrische Informationen aufzunehmen, zu fixieren und zu binden. Daraus folgt, dass EM-Keramik als Schablone für die EM-Information betrachtet werden kann. (…) Wenn man die Keramik mit Wasser in Verbindung bringt, wird es möglich, die EM-Information aus der Schablone herauszuziehen.“

Bleibt immer noch die Frage, wenn diese Keramik so wertvoll ist, warum zerschlägt man so viel davon? Mehr darüber im nächsten Blogbeitrag

Franz Schweinberger

 

 

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