Whiskey Time

Als ich ins literarische Alter kam, war Old Shutterhand mein erster Romanheld; aber bald folgten Billy Jenkins, Jerry Cotton, Billy the Kid und Wyatt Earp. Ich staunte immer wieder darüber, wie diese Helden der Prärie ihren Durst an Saloontheken löschten, indem sie Whisky in einem Schwung in ihre staubigen Kehlen kippten. Das waren schon hartgesottene Burschen. So einer wollte ich auch werden.

Viele Jahre später war es dann soweit; Route66 rief und ich verschiffte mich mitsamt meinem Motorrad nach Amerika. In der Schiffskombüse erhielt ich meine Whisky-Taufe. War schon ein hartes Zeug und ich schaffte nur kleine Züge. Es muss mir aber offensichtlich geschmeckt haben; jedenfalls schafften es ein paar Seeleute, mir zwei Flaschen – Schiffe sind ja dutyfree – anzudrehen.

So furchtlos wie meine alten Westernhelden war ich allerdings nicht, gleich in den Wilden Westen aufzubrechen. Ganz brav besuchte ich erst eine Sprachschule und so standen die beiden Red Label Flaschen vorerst mal in meinem Zimmerchen im Studentenheim. Statt nach einem Ritt in den Sonnenuntergang genoss ich den Blick auf den Sonnenuntergang am offenen Fester – das waren meine ersten Whiskey-Abende in Amerika.

So gingen die Tage dahin, und wie dann die erste Flasche zur Neige ging, flüsterte mir auf einmal eine Stimme ins Ohr: „Du wirst noch süchtig, wenn du so weitermachst!“. Das war’s dann – die zweite Flasche wurde einem Studienkollegen verkauft und meine Whisky-Karriere nahm ihr Ende. In den ganz seltenen Momenten, wo ich wieder einen Fingerhut Whisky bei Freunden probierte, kamen in mir sofort die Bilder jener Abende am offenen Fenster in Westside-Manhatten, wo sich der rote Abendhimmel im stillen Hudson River spiegelte.

Kürzlich wieder geschehen wie ich an einem Glas Jack Daniels nippte. Der Anlass war die Entdeckung, dass es einen Whiskey gibt, auf dessen Etikette zu lesen ist:

Mellowed for smoothness drop by drop through suger maple charcoal

Der Whiskey aus Tennessee fliesst also Tropfen für Tropfen durch eine Pflanzenkohleschicht vom Holz des Zuckerahorns und erreicht so seine Weichheit.

Heisser Video: Crafting Charcoal

Jack Daniels on the rocks am Cholefestival – Cheers!

 

 

 

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert